Die 5 Gruppenphasen Nach Bernstein & Lowy

Gruppenphasen Bernstein Lowy

Erstellt von Kristine Schmeizl

Kategorie: Erzieherwissen

19.06.2022

Jede Gruppe durchläuft nach Entstehung mehrere Phasen. Bernstein und Lowy definierten folgende Gruppenphasen:

  • Orientierungsphase
  • Machtkampfphase
  • Vertrautheitsphase
  • Differenzierungsphase
  • Abschluss- und Trennungsphase

Exploration, Erforschung, Vertrauen, Bindungen und Beziehungen spiele eine zentrale Rolle. Eine Gruppe findet sich neu im Kindergarten, im Erzieherberuf und benötigt Zeit, Vertrauen zu schaffen, um gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen.

▶️ Jedes Individuum muss seine Gruppenrolle finden. Dabei entstehen Machtkämpfe und Konflikte.

Aufgabe von uns Erziehern ist es, die Gruppe zu unterstützen, Anregungen und Impulse zu schaffen, aber auch soll die Gruppe versuchen, Konflikte eigenständig zu lösen. Nur so kann eine gute Zusammenarbeit im Team gelingen und jeder kann seine Bedürfnisse zum Ausdruck bringen. Mit einem optimalen Verlauf der Gruppenphasen entstehen neue Kompetenzen und Fähigkeiten, welche zum Erfolg im pädagogischen Handeln führen.

Mehr und ausführlichere Informationen, mit vielen Beispielen zu den Phasen in der Gruppe nach Bernstein und Lowy, erfährst du in diesem Artikel!

Gruppenphasen nach Bernstein & Lowy | Erzieherwissen

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1. Orientierungsphase

Die Orientierungsphase stellt die erste Phase im Gruppenprozess dar und wird daher auch als die Fremdheitsphase bezeichnet. Sie symbolisiert das Ankommen in der Gruppe. Die Gruppenmitglieder sind in dieser Phase eher unsicher und zurückhaltend, die Gefühle und Emotionen können daher unterschiedlich schwanken.

Sie gehen noch keine festen Bindungen ein, da sie nicht wissen, welches Verhalten in dieser Gruppe angemessen ist. Daher denken sie noch hauptsächlich an sich, da kein grundlegendes Vertrauen in der Gruppe aufgebaut ist.

Orientierungsphase
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✅ Es ist die Aufgabe als pädagogische Fachkraft, die Mitglieder behutsam zu empfangen und zu berücksichtigen, dass einige Mitglieder noch mehr Distanz benötigen als andere, da sie sich noch nicht untereinander kennen. Außerdem sollten ausreichend Möglichkeiten vorhanden sein, den Kindern Freiraum zu gewährleisten, damit eine angenehme Atmosphäre vorhanden ist. Die pädagogische Fachkraft kann die Kinder hier beobachten, Angebote für Kontaktmöglichkeiten schaffen, die Kinder aber nicht zum Kontakt zwingen.

2. Machtkampfphase

In der zweiten Phase werden die Rollen der späteren Gruppe verteilt. Mitglieder wollen Einfluss auf das Gruppengeschehen nehmen und Macht ausüben. Dies wird mit allen Mitteln versucht. Manche Rollen in der Gruppe erlangen mehr Macht als andere. Es gibt Sieger und Besiegte.

▶️ Dies führt innerhalb der Gruppe zu Spannungen und Unruhen. Der eine möchte besser sein als der andere. Zum Teil geschieht es, dass sich die Gruppenmitglieder gegen die Leitung auflehnen, einige Gruppen haben überhaupt Schwierigkeiten, die Phase zu überwinden.

✅ Auch kommt es beim Treffen neuer Entscheidungen vor, dass Gruppen in diese Phase zurückfallen. In dieser Phase haben pädagogische Fachkräfte die Aufgabe, negative Rollen einzelner Gruppenmitglieder zu erkennen und wenn möglich einzuwirken.

Machtkampfphase
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Beispiel: Die Rolle des Außenseiters wird wieder in die Gruppe mit eingebunden, während dominante Personen in ihrem Handeln gebremst werden. Wichtig ist es, im Handeln neutral zu bleiben und ein Vorbild für die Gruppe zu sein, damit größere Machtkämpfe sich nicht auf das Wohlbefinden der Gruppe auswirken.

3. Vertrautheitsphase

Die dritte Phase ist die Vertrautheitsphase, auch als Intimitätsphase bezeichnet. Ist die Rollenverteilung abgeschlossen und klar definiert, welche Personen welche Rolle hat, so werden Konflikte geringer.

Die Mitglieder können sich mittlerweile einschätzen und kennen die Regeln der Gruppe. Sie identifizieren sich mit der Gruppe und ein gemeinsames WIR-Gefühl, dass “wir” als Gruppe eine Einheit sind, entsteht. Nach außen grenzt sich zwar die Gruppe ab, intern entstehen jedoch Untergruppen.

Vertrautheitsphase
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Gemeinsame Symbole werden entwickelt, wie zum Beispiel ähnliche Kleidung oder ein gleicher Haarschnitt. Jeder will gleich sein. Wichtig ist hier das Schaffen von Freiräumen, das Gefühl der Zusammengehörigkeit soll gestärkt werden. Die Gruppe beobachten und bei Konflikten, nur wenn notwendig eingreifen, sind zwei weitere zentrale Aufgaben. Selbstverantwortung wird der Gruppe immer mehr übertragen.

4. Differenzierungsphase

Die Differenzierungsphase ist die goldene Zeit für Aktivitäten und Programme – Warum?

Die Gruppe ist erwachsen, Machtkämpfe sind beseitigt, die Gruppe wird stabiler. Fähigkeiten jedes Individuums werden von nun an als Bereicherung für die Bewältigung zielorientierter Aufgaben angesehen. Die Gruppe öffnet sich nach außen, die Atmosphäre ist harmonisch und das Gruppenbild wird als ideal wahrgenommen.

Differenzierungsphase
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✅ Die pädagogischen Fachkräfte ziehen sich hier immer mehr zurück, die Gruppe selbst ist handlungsfähig. Konflikte und kleinere Probleme können meist eigenständig bewältigt werden. Erzieher und Erzieherinnen unterstützen lediglich noch in der Kontaktaufnahme anderer Gruppen, damit sie sich gegenüber anderer Gruppen profilieren können. Ein starkes Gemeinschaftsgefühl wird entwickelt.

5. Abschluss- und Trennungsphase

Das ist die letzte Gruppenphase. Kommen wir an diesem Punkt an, wird die Gruppe sich auflösen. Dies kann unterschiedliche Gründe haben:

  • das Zusammensein wird nicht mehr als spannend erlebt
  • andere Interessen entstehen
  • das Gruppenziel wurde erreicht

Dies ist ganz typischer Fall (Gruppenziel), wenn Kinder den Kindergarten verlassen, da sie in die Schule kommen. Die Vorschulkinder verabschieden sich und neue Kinder kommen im neuen Jahr hinzu. Die Gruppe wird dann erneut durchmischt.

💡 Es kann vorkommen, dass es kurz vor der Trennung zu einem Klammern kommt. Dann beginnt der Gruppenprozess vorwiegend wieder von vorne.

Abschluss- und Trennungsphase
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🎯Ziel ist es, zu erkennen, was die Gruppe in diesem Moment braucht. Wichtig ist es zuzulassen, andere Wege zu gehen und offen über das Ende der Gruppe zu sprechen. Die Planung eines gemeinsamen, schönen Abschieds erleichtert den Übergang und rundet die letzte Phase ab.

Hier kann beispielsweise der Kindergarten mit der Schule zusammenarbeiten, um diesen Übergang zu gestalten.

Zusammenfassung

Gruppenphasen nach Bernstein & Lowy
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1) Die Orientierungsphase kennzeichnet sich durch Explorationen, Erforschung, Untersuchung und Orientierung. Das Dilemma von Annäherung und Ausweichen steht im Vordergrund. Ziel ist der langsame Aufbau von Vertrauen und ersten Bindungen.

Deshalb sollte man:

  • Freiheit ermöglichen
  • Distanz zulassen
  • Kein Miteinander arbeiten
  • Kennenlernen fördern
  • Paralleles individuelles Spiel

▶️ Sachlichkeit muss überwiegen.

2) In der Machtkampfphase steht das ICH-Denken im Vordergrund. Mitglieder kämpfen um Positionen und Funktionen, die Rollenbildung beginnt.

Deshalb sollte man:

  • Freiheit ermöglichen
  • Grenzen setzen
  • Konflikte verbalisieren: durch Streitgespräch oder Rollenspiele
  • Konflikte klären
  • Schutz bieten
  • Ein Vorbild sein
  • Stärken einzelner erkennen
  • Möglichkeiten schaffen, etwas gemeinsam zu meistern

3) In der Vertrautheitsphase erfahren Beziehungsverhältnisse, Stabilität. Mitglieder sind bereit sich zu explorieren, gehen Wagnisse und Bindungen ein und möchten gleich sein.

Deshalb sollte man:

  • Auf längere Sicht hin planen
  • Die Gruppe selbst planen lassen
  • Misserfolge hinnehmen
  • Beim Lösen von Konflikten helfen
  • Interne Gruppenarbeit ermöglichen

4) Die Differenzierungsphase ist die goldene Zeit, die beste Zeit für Aktivitäten und Programme. Die Gruppe ist selbstsicherer, es ist geplant, die Kooperation zu anderen Gruppen ist vorhanden und viele Rollenspiele finden statt.

Deshalb sollte man:

  • die Zeit produktiv nutzen
  • die Aktionen mit anderen Gruppen gestalten
  • die Auswertung zur Stabilisierung des Gelernten vornehmen

5) Die Abschluss- und Trennungsphase kennzeichnet sich durch die Auflösung der Gruppe. Verschiedene Gründe liegen vor, neue Chancen und Möglichkeiten entstehen zugleich.

Deshalb sollte man:

  • einen Abschied planen: Fahrten, Programme, letzte Feier

▶️ Der bisherige Lernprozess wird als Erfahrung ausgewertet. Die Auflösung soll unterstützt werden, die Türen nicht schließen, Prognosen in der Zukunft ermöglichen, wie Besuche, sowie sollten Erinnerungen verewigt werden.


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2 Kommentare

  1. Gerhard Kurtzweg

    Informativ, übersichtlich, auf den Punkt gebracht: weiter so!

    Antworten

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